Mitte Juni 2023 kam das neue Native-Rating heraus und wir waren schon stark überrascht über die Ergebnisse. Vor allem die deutliche Verbesserung der Allianz-Versicherung wirft bei uns Fragen auf.
Das Native-Rating der Greensurence-Stiftung bewertet jährlich Versicherungsunternehmen in Deutschland nach nachhaltigen Kriterien. Eine gute Idee, und sehr viel Aufwand. In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik Stuttgart (HFT) wurde ein umfangreicher Fragenkatalog erstellt. Über 300 Indikatoren wurden ausgewertet und sind in die Bewertung eingeflossen. Natürlich lässt sich über die Gewichtung der einzelnen Bereiche immer streiten. So sind unserer Ansicht nach die klimatischen Auswirkungen der Kapitalanlagen der Versicherer deutlich unterbewertet. Die Gewichtung ist verständlich, wenn alle ESG-Ziele in Betracht gezogen werden. Aber wie wir schon hier erklärt haben, ist uns diese Vorgehensweise aufgrund der sich immer weiter beschleunigenden Klimaerwärmung deutlich zu kurz gehupft.
…und damit kommen wir zur Allianz…
Die Allianz ist die größte deutsche Versicherung nach Beitragseinnahmen und Jahresüberschuss. Bei den Kapitalanlagen des Sicherungsvermögens gehört sie mit über 260 Mrd. € zu den größten Versicherungsgesellschaften weltweit. Und Geld bedeutet Macht!
Die Allianz könnte also das Kapital, welches ihr zur Verfügung steht, zumindest ansatzweise nachhaltig anlegen und damit schon eine ganze Menge erreichen. Um aber nachvollziehen zu können, was die Allianz mit all ihrem Kapital macht, bedarf es Transparenz. Dafür gibt es dann den Nachhaltigkeitsbericht. Aber hier gibt es schon los mit der mangelnden Transparenz, denn die Berichte sind alle samt auf Englisch. Natürlich muss ein international agierender Konzern alle Berichte englisch verfassen. Aber der Aufwand, diese Berichte auch noch in andere Sprachen übersetzen zu lassen, sollte einem Konzern wie die Allianz nicht überfordern.
Die Kapitalanlagen der Allianz
Das ein Unternehmen wie die Allianz Ihre Allokation nicht explizit veröffentlicht, ist aus strategischer Sicht nachvollziehbar. Schließlich ist sie sehr erfolgreich bei ihren Kapitalanlagen und möchte ihre Strategie nicht unbedingt öffentlich machen. Allerdings ist durch diese Vorgehensweise auch unmöglich nachzuvollziehen, wie ernst es ihr mit der Nachhaltigkeit der Anlagen bestellt ist. Durch eine Aufzählung der Kapitalanteile nach ihrer Wertigkeit könnte zumindest der Eindruck von Alibianlagen in nachhaltige Investments entgegengewirkt werden, ohne die genaue Allokation preis zu geben. Aber auch diese Möglichkeit verpasst die Allianz.
…eine Bewertung aus der Hölle…
Die Allianz bewertet ihre Anlagen nach fünf Nachhaltigkeitskriterien.
- Environmental (Umwelt),
- Social (Gemeinsinn),
- Governance (Unternehmenssteuerung),
- Climate engagement (Klimaengagement) und
- anderes Engagement.
Wie irreführend diese Einteilung ist wollen wir einmal am Beispiel des Baustoffes Zement/Beton herausarbeiten. Die Zementherstellung ist einer der sehr großen CO²-Emittenten weltweit. Die Zementindustrie hat das Problem natürlich erkannt, auch im Hinblick auf die immer höher werdenden CO²-Abgaben. Die verteuern das Produkt unweigerlich und verringern die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller. Denn mittlerweile gibt es, wenn auch noch nicht in der aktuell benötigten Menge, Alternativen zum klassischen Beton. Wenn wir uns jetzt einmal die Allokation der Allianz hinsichtlich der Zementproduktion ansehen finden wir mit der HeidelbergCement AG und der Holcim AG zwei große Unternehmen der Zementindustrie. Beide haben natürlich ein Nachhaltigkeitskonzept und das bewertet dann die Allianz als positives Beispiel.
Die HeidelbergCement will hauptsächlich die Energieeffizienz steigern und dann CO² einlagern (CCS-Methode). Umwelttechnisch der gleiche falsche Weg wie bei der Atomkraft. Der Müll wird unter die Erde verlagert. Alles ganz, ganz sicher. Frei nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn.
Die Holcim präferiert die CCU-Methode, also das Weiterverwerten von abgeschieden CO². Hierfür müssen allerdings noch ausreichende Anwendungen entwickelt werden. Was beide eint ist das Festhalten an alten Herstellungsmethoden und -materialien.
Von Unternehmen mit Zementalternativen gibt es nichts zu finden!
Nicht ein Unternehmen, welches aktuell Alternativen zu Zement anbietet, ist in der Allokation zu finden. Das hat dann nichts mehr mit nachhaltigen Geldanlagen zu tun. Wir nennen so etwa einfach nur greenwashing!
Wie ein roter Faden…
…zieht sich diese Vorgehensweise durch die Kapitalanlagen der Allianz. Wenige, tatsächlich nachhaltige Unternehmensbeteiligungen stehen sehr vielen Beteiligungen in klassische Wirtschaftsunternehmen gegenüber. Diese verfolgen natürlich alle ein Nachhaltigkeitskonzept, aber eben nur, weil es gesetzlich so vorgeschrieben ist.
Manchmal ist es zum aus der Haut Fahren. Alles ist chic, es wird eine schöne neue Welt versprochen, tatsächlich aber wird weitergewurschtelt wie eh und je. Aber macht ja nix, Hauptsache die Rendite stimmt und das ist ja auch der Fall.
Mit nachhaltigen Grüßen
René Russell