Wie eine klientelgesteuerte Splitterpartei die Co²-Ziele torpediert
Als im Oktober 2021 die Ära Andi Scheuer, ehemaliger Verkehrsminister und kongenialer Partner von „dem Newton“ in der Anstalt vom ZDF, endlich seinen Schreibtisch im Verkehrsministerium geräumt hat, bestand kurz die Hoffnung, dass eine, wenn auch nur geringfügige Veränderung zum positiven, im Ministerium stattfindet. Aber weit gefehlt. Nach nur zwei Jahren Volker Wissing (FDP) wissen wir nun: es kommt immer noch schlimmer!
Bei dem Scheuer Andi wussten wir, es geht ihm immer nur um Bayern und die CSU. Und dort war er sehr erfolgreich. Es flossen Milliarden von Steuergeldern in die Infrastruktur von Bayern, ähnlich wie bei seinen Vorgängern, allesamt aus der CSU. Dieses Vorgehen ist aus lokalpatriotischer Sicht ja noch halbwegs verständlich, auch wenn durch seine schlampige Arbeit (Mautdesaster) Millionen von Steuergeldern zum Fenster hinaus geworfen wurden.
Bei der FDP läuft es anders
Das die FDP als Klientelpartei einen besonders guten Draht zur Wirtschaft hat ist ja spätestens seit den Koalitionsverhandlungen (und hier) offensichtlich. Das diese Nähe für die Klimapolitik nicht wirklich förderlich ist, versteht sich von selbst. Aber auch aus politischer und staatsbürgerlicher Sicht ist das direkte Hineinregieren von Unternehmen in politische Entscheidungsfindungen mehr als fragwürdig. Diese Vorgehensweise untergräbt das politische System.
E-Fuels – die Rettung der FDP
Schon das Dilemma mit den E-Fuels spricht Bände. Auf Betreiben des Bundesverkehrsministers wurde gegen den Widerstand der großen Mehrheit der EU-Kommission die Möglichkeit geschaffen, PKWs mit Verbrennungsmotoren auch über das Jahr 2035 hinaus in den Verkehr zu bringen. Bei den LKWs, deren Verordnung später vereinbart wurde, passiert das Gleiche. Wissing nervt alle und sorgt für ein „weiter wie gehabt“.
Die so oft propagierte Technologiefreundlichkeit der FDP scheint sich nur auf die veraltete Technologie des letzten Jahrhunderts zu begrenzen. Allerdings scheint Wissing die Rechnung ohne den Wirt (ex EU-Klimakommissar Timmermanns) gemacht zu haben. Die rechtlichen Hürden, Verbrennungsmotoren über das Jahr 2035 weiterhin in den Verkehr zu bringen, erscheinen aus heutiger Sicht ausgesprochen hoch. Sind doch weder die E-Fuels rechtlich definiert noch stehen sie in den Abgasnormen Euro6 oder Euro7.
Erpressung als politisches Instrument – yes, die FDP can do!
Der nächste Coup unseres Superministers betrifft nun eines der wichtigsten klimapolitischen Ziele überhaupt, die Co²-Reduktionsziele. Das die Co²-Emmissionen einer der Treiber des menschengemachten Klimawandels ist und der Verkehrsbereich ein besonderes Augenmerk bedarf, benötigt keiner weiteren Erläuterung und wurde in meinem Blog schon einmal beschrieben.
Ursprünglich waren die Klimaziele für jeden Sektor separat ausgewiesen und die einzelnen Sektoren sollten ihr individuelles Ziel erreichen. Diese Vorgehensweise ist sinnvoll, da es auf diese Weise kein Zurücklehnen einzelner Sektoren gibt und jeder Bereich Anstrengungen unternehmen muss. Das ist jetzt vom Tisch. Oder wie die Bundesregierung verkündet: Im Fokus steht nun, ob der Treibhausgasausstoß insgesamt reduziert wird, unabhängig davon, in welchem Bereich die Treibhausgase entstehen. Indem die Emissionen insbesondere dort gemindert werden, wo die größten Einsparpotentiale vorhanden sind, können die Klimaziele sozial gerecht und volkswirtschaftlich effizient erreicht werden. Das Problem bei der Sache ist allerdings, dass der Verkehrssektor einer der größten Emittenten von klimaschädlichen Emissionen ist und dass das Einsparpotential hoch wäre. Allerdings nur, wenn endlich einmal begonnen werden würde.
Welche Maßnahmen helfen schnell
Die schnellste Reduktion ohne all zu große Einschränkungen für die Allgemeinheit wäre ein Tempolimit sowohl auf Autobahnen (120km/h) als auch auf Landstraßen (80km/h). Diese Maßnahmen reduzieren nach neuesten Berechnungen des Umweltbundesamtes die Emissionen um ca. 5%. Übrigens ist dies exakt die Menge an Einsparungen, die der Verkehrssektor in 2022 seine Ziele überschritten hat. Es wäre also ganz einfach.
Und was macht unser Verkehrsminister? Er erpresst die ganze Republik mit einem Fahrverbot.
Statt also den sinnvollen Weg eines Tempolimits zu gehen, wiegelt unser lieber Herr Wissing lieber völlig unnötig Autofahrer gegen Klimaschützer auf. Sicher, ein Fahrverbot birgt in etwa so viel Einsparpotential wie ein Tempolimit, die Folgen wiegen allerdings ungleich schwerer. So wäre der volkswirtschaftliche Verlust immens. Wenn selbst der Chefredakteur der „auto-motor-sport“ in seinem Kommentar schreibt „Gar nicht reagieren und einfach auf die Einsparungen der anderen Sektoren verweisen geht hingegen gar nicht“ sollte dem Letztem klar sein, dass es Wissing auch gar nicht um Fahrverbote ging. Es war eine politische Erpressung. Das schlimme daran, er hatte Erfolg.
Wenn die Opposition am Regierungstisch sitzt, ist Rückschritt Programm
Das fatale an der aktuellen Situation ist der andauernde Stillstand im Verkehrsministerium. Es gibt keinerlei Anstrengungen, den Verkehrssektor in Sachen Co²-Emissionen wieder auf Spur zu bekommen. Im Gegenteil, es wird jedes Jahr schlimmer. Der Ausbau des ÖPNV ist ein Witz, Investitionen in das Schienennetz sind zu gering und dauern zu lange. Pläne zu Co²-Reduktion nicht erkennbar. Wissing hat sich lediglich etwas Zeit erkauft.
Es wird allerdings noch zu sehr viel größeren Problemen kommen. Sobald die Wirtschaft, deren Einsparungen aktuell eher in dem Herunterfahren von Produktionsprozessen aufgrund der Rezession begründet sind als durch tatsächliche Transformation, wieder in Tritt kommt. Und dann droht beides, Tempolimits und Fahrverbote.
mit nachhaltigen Grüßen
René Russell